Das ist seit 5 Jahren meine Nähmaschine. Pfaff Creative 2.0.
Ende 2010 habe ich sie gekauft. Mir gefiel das Design sehr gut, ebenso der integrierte
Obertransport sowie das Stickmodul. Nicht unwichtig war die Marke: Es war eine Pfaff.
Genau wie meine erste Nähmaschine Hobby 317, die ich 1989 zum Geburtstag
bekommen habe.
Nach einigen Startschwierigkeiten sind wir sehr gut klar gekommen, wir haben unzählige Stunden genäht und viele schöne
Nähprojekte verwirklicht. Sie ist dennoch eine Diva, die ab und an zickt.
Ein halber Tag Urlaub und sehr viel Erkenntnis
Derzeit ist die Maschine kaputt, sie näht nur Schlaufen und
keine Nähte. Der schnellste Weg zu einer wieder funktionierenden Maschine
erschien mir eine freie Werkstatt. Ich bekam einen Termin für 2 Stunden und
sollte auch gleich die Overlock von Baby Lock mitbringen bei der die Glühlampe defekt war und
die auch mal wieder eine Reinigung nötig hatte.
Ich nahm einen halben Tag Urlaub, besorgte mir ein Auto, fuhr
nach Hamburg Tondorf zu
Herrn Michel und durfte alle handwerklichen Verrichtungen genau
beobachten, bzw. dabei helfen. Der Monteur und ich hatten einen sehr spannenden
und lehrreichen Nachmittag.
Im Ergebnis ist die Pfaff immer noch kaputt und inzwischen
über den Nähmaschinenhändler an den Hersteller eingeschickt. Die Overlock hat
wieder Licht und einen neuen (gebrauchten) Fußanlasser mit dem ich nun sehr
sanft Gas geben kann, statt immer gleich auf volle Geschwindigkeit zu nähen.
Ich habe eine Menge lernen können über das Innenleben von
Nähmaschinen.
Den
technischen Aufbau des Pfaff-Fadenabschneiders kann man sich in etwa so stabil
vorstellen wie ein Bügelbrett auf Pappbeinen. Funktional aber bei normalem Gebrauch geht es sehr wahrscheinlich in die Knie.
In der Werkstatt hatte ich Gelegenheit mir das Innenleben anderer
Maschinen (Elna, Juki) anzuschauen. Es ist verblüffend wie robust die automatischen
Fadenabschneider bei denen sind und noch mehr, dass man recht einfach an die
kritischen Stellen kommt und tatsächlich etwas reparieren kann.
An der Nähfront übel ausgeknockt, hatte ich Zeit, mich etwas in die Welt der Nähmaschinen-Hersteller einzulesen.
Pfaff, Singer und Private Equity
In Deutschland haben die Namen Pfaff und Singer eine lange
Tradition und einen guten Ruf. In fast jedem Haushalt gibt oder gab es früher
eine Paff oder Singer. Die Sparte der Haushaltsnähmaschinen wurde von Pfaff bereits
Ende der 1980er Jahre an Singer verkauft. Paff hatte wirtschaftliche
Schwierigkeiten und konzentrierte sich auf Industrienähmaschinen. Bei Singer
lief es wirtschaftlich nicht viel besser, die Nähmaschinensparte wurde Ende der 1990er Jahren an Husqvarna verkauft. Der
Husqvarna Konzern richtet sich
jedoch ebenfalls neu aus und ist heute auf Motorsägen spezialisiert. (sehr
sehenswert ist das
Husqvarna Museum in Suedschweden)
Die
Haushaltsnähmaschinen wurden 1997 in den
SVP Konzern (Singer, Viking, Pfaff)
ausgegliedert. Die Gesellschaft hat ihren Hauptsitz auf den Bermudas. Eigentümer ist die
Private Equity Gesellschaft Kohlberg&Comp.
Veränderungen in Konzernstrukturen und auch Private Equitiy
Gesellschaften müssen nicht schlecht sein. Im Falle von Singer und Pfaff erfolgte durch diese Entwicklung jedoch eine Entkopplung vom
Kern der Industrienähmaschinen als ingenieurgetriebener
Innovationsmotor. Etwas überspitzt formuliert: die Ingenieure gingen mit dem Verkauf der Marken von Bord,
die Finanzer kamen.
Die Markenbekanntheit von Pfaff, Singer im
deutschsprachigen Raum wird verständlicherweise für den aktuellen
Vertrieb genutzt. Wer Informationen zur Firmengeschichte, der Historie der
Maschinenentwicklung oder über die aktuellen Produktionsanlagen sucht, wird auf
den Websites kaum fündig. Einzig bei
Singer ist eine kleine Übersicht zu finden.
Die anderen
Mehr Informationen über die Firmengeschichte geben andere Nähmaschinen Hersteller (
Janome,
Brother,
Juki,
Bernina,
Elna). Soweit
ich es rausfinden konnte, haben Brother, Janome, Juki und Bernina eine eigene
Fertigung und sind auch stolz darauf. Elna äußert sich nicht zur Fertigung. Es wird vermutet, dass die
Maschinen innen baugleich mit Janome sind und außen das eigenständige Elna-Design
haben. Vor allem
Juki und auch
Brother stellen im gleichen Konzern Maschinen für
die Industrie her.
Und nun?
Meine Maschine ist für mich entzaubert. Aus „Wow,
ich habe eine hochwertige Pfaff“ ist mehr sowas wie „Es ist eine Pfaff und sie
näht trotzdem meistens gut“ geworden.
Ich warte natürlich darauf, dass meine Pfaff aus der Reparatur kommt
und dann wieder korrekt näht. Wir werden noch eine Weile zusammenbleiben. Schließlich
sind wir sehr vertraut miteinander und haben schöne Projekte umgesetzt. Sollte irgendwann
eine neue Maschine ins Haus stehen, werde ich mich für ein anderes Fabrikat
entscheiden. Eines bei dem mir klar ist, wo die technischen Wurzeln liegen und
bei dem auf eine reparaturfreundliche Konstruktion geachtet wurde.